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Simon Bogner
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Die niedergehende Sonne tauchte die Wolkenfetzen in purpurnes Licht.
Eigentlich müssten jenseits der Anhöhe nun die Rauchschwaden der
abendlichen Herdfeuer Drakenburgs zu sehen sein. Doch nicht heute.
Mit schweren Schritten schleppte sich Markus Wulfhart den Hügelkamm
hinauf und setzte das riesige blutverschmierte Bündel neben sich im Gras
ab. Nun, da es vollbracht war, kamen die Müdigkeit und die Schmerzen,
die sein grimmiger Zorn so lange unterdrücken konnte. Wulfhart verfügte
über enorme Kraft und Ausdauer, nur so konnte er es in dem vor Untieren
wimmelnden Drakenwald als Jäger zu Ansehen bringen. Diese Jagd jedoch
zum Erfolg zu bringen, verlangte ihm alles ab, was er vermochte und
mehr. Und dann dieses schwere, eigentlich viel zu schwere Bündel, das
ihm bei jedem Schritt in die zerschundene Schulter schnitt. Doch er
konnte und wollte es nicht zurücklassen. So brachte er den Kopf des
Drakenwaldzyklopen an den Ort zurück an dem dieser so unsägliches Unheil
angerichtet hatte.
Wulfhart schaute stoisch auf die Ruinen von Drakenburg herab. Der Riese
hatte den Ort vollständig zerstört. Die Schutzmauer wies mehrere
Breschen auf. Von den Gebäuden selbst blieb kaum ein Stein auf dem
anderen. Das Ungetüm musste hier mehrere Tage gewütet haben, um seine
Zerstörungswut und auch letztlich seinen Hunger zu stillen. Niemand
hatte diese Katastrophe überlebt. Die bittere Gewissheit, dass er seine
Lieben, seine Freunde, seine ihm vertrauten Menschen nie mehr wieder
sehen würde, schnürte ihm die Kehle zu. Doch Wulfhart wollte seiner
Trauer nicht nachgeben, noch nicht. Erst musste er noch zu Ende bringen,
was er angefangen hatte. Mit einem gewaltigen Ruck schulterte er wieder
den triefenden Sack und machte sich an den Abstieg.
Es schmerzte, die Übereste des Gemetzels und die enorme Zerstörung zu
sehen, als Wulfhart, nachdem er durch die nördliche Bresche eingestiegen
war, auf der Hauptstraße in Richtung Stadttor schritt. Es waren nur
noch wenige Überreste der Bewohner zu finden. Aber er würde dafür
sorgen, dass ein jeder eine würdige ewige Ruhestätte im Segen Morrs und
Sigmars finden würde. Das war er seinen Mitmenschen schuldig.
Er stutzte einen Moment. Hatte er gerade ein Schnauben gehört? Langsam
stellte er den Sack ab, legte einen Pfeil auf die Bogensehne und ging
auf ein Knie herunter. Er verharrte eine Weile und schlich sich
konzentriert umschauend auf die Quelle des Geräusches zu. Ein
Ochsengespann kam in Sicht. Eine Ladung Holz war darauf aufgeschichtet.
Wulfhart entspannte sich etwas. Die Tiere im Gespann wirkten ruhig, also
bestand keine unmittelbare Gefahr. Obwohl Wulfhart an dem Sinn eines
Ochsen für Gefahrensituationen zweifelte. Als er sich weiter näherte,
meinte er menschliche Stimmen zu hören. Sollte doch jemand überlebt
haben? Wulfhart beschleunigte seinen Schritt. Schließlich stand er an
der eingestürzten Frontmauer des hiesigen Bogenbauers, Phillip Bogner.
Markus Wulfhart und Philipp Bogner kannten sich seit kleinauf und hegten
eine enge Feundschaft. Sie tauschten Erfahrungen bezüglich der
Jagdwaffen aus und ließen ihre Erkenntnisse in die Verbesserung der
Waffen einfließen. So erlangte die Drakenburger Bognerei auch über die
Stadtgrenzen hinweg einen sehr guten Ruf.
Im Gebäude kauerten zwei junge Männer über einem Leichnam, geschüttelt
und überwältigt von ihrer Trauer. Wulfhart kannte die beiden dort nur zu
gut. Es waren Johannes und Simon Bogner die beiden Söhne Phillips, für
die er stets wie ein Onkel war.
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Johannes Bogner | | | | |
Wulfhart versuchte gefasst zu klingen, was ihm jedoch nicht gelang:
"Simon, Johannes. Ihr lebt! " Die beiden jungen Männer schreckten auf,
erkannten ihren Ziehonkel und fielen ihm schluchzend in die Arme. Lange
standen sie dort neben ihrem toten Freund und Vater. Dann unterbrach
Wulfhart die Stille: "Bei Sigmar, bei Ulric und Shallya! Wie konntet ihr
diesem Unglück entgehen?" Johannes, der ältere der beiden versuchte
sich zu fassen: " Vater schickte uns vor zwei Wochen aus, um in unseren
Schonungen die Bäume und das gelagerte Holz zu prüfen und Material für
die neuen Bogen herbeizuschaffen. Wir waren nicht hier als es passierte.
Wir konnten nichts tun. Wir konnten Vater nicht beistehen..." Johannes
Stimme versagte. Simon legte Johannes die Hand auf die Schulter: "Gut,
dass Mutter dies nicht mehr miterleben musste."
Frederike Bogner fand schon vor vielen Jahren den Tod, als die Familie
im Drakenwald von einer Tiermenschenhorde verschleppt wurde. Wulfhart
brachte jede einzelne von ihnen zur Strecke um sie zu befreien, konnte
jedoch weder verhindern, dass Frederike getötet , noch dass Simon
geblendet wurde.
Wulfhart begann Phillips Leichnam in Segeltuch zu hüllen: "Komm
Johannes. Lass uns den Menschen, die wir noch finden können die letzte
Ehre erweisen. Das ist alles was wir noch für sie tun können." "Markus,
ich bin zwar blind, jedoch nicht lahm", meldete sich Simon zu Wort.
Bitter lächelnd schaute der Jäger zu Simon herüber. Er hatte es schon
wieder getan. Eigentlich hatte er gedacht es sich schon längst abgewöhnt
zu haben, den Jungen wegen seiner Einschränkung zu unterschätzen. Simon
hatte den Verlust seines Augenlichts durch die Schärfung seiner anderen
Sinne mehr als Wett gemacht. Es grenzte an ein Wunder, dass dieser
selbst auf mittlere Distanz ein Eichhörnchen erlegen konnte indem er
sich bloß auf sein Gehör verließ. "Du hast recht Simon. Verzeih."
Der Abend des dritten Tages in den Ruinen der Stadt brach herein. Im
Garten des Morr stand zu Ehren der Bewohner ein neuer Gedenkschrein, aus
bestem Eichenholz gefertigt . Vor dem Stadttor war ein langer,
mächtiger Spieß in den Boden gerammt worden, auf dem ein gewaltiger Kopf
prangte.
Von der Anhöhe aus blickten drei Männer auf die Stadt herab.
"Kommt, meine Söhne. Lasst uns Monster jagen!"